Luftrecht

Ein Anwalts-Blog für Piloten, Eigentümer von Flugzeugen, Betreiber von Flugplätzen, Flugvereine/Aeroclubs und Luftfahrtunternehmen.

Ich bin passionierter Privatpilot und Anwalt für Verwaltungsrecht mit Schwerpunkten im Bauplanungs- und Immissionsschutzrecht.

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  • Praxishinweise zur LTA (Lufttüchtigkeitsanweisung)

    Lufttüchtigkeitsanweisung (LTA) – Hintergrund

    Es ist normal, dass sich im regelmäßigen Betrieb von Flugzeugen Probleme oder Mängel zeigen, die bei der Entwicklung nicht absehbar und bei der Zulassung nicht bekannt waren. Erfährt der Hersteller bzw. Inhaber der Typenzulassung von einem Mangel, der auch andere Flugzeuge der Baureihe betreffen könnte, veröffentlich er ein sog. Service Bulletin (SB), das sowohl das Problem als auch seine Lösung beschreibt. Stellt sich zum Beispiel heraus, dass ein vielbelasteter Teil der Tragfläche dazu neigt, Rost anzusetzen, kann das Service Bulletin eine regelmäßige Inspektion des Tragflächenteils auf Korrossionsschäden anordnen. Service Bulletins können Mandatory, Recommended oder rein Facultative sein.

    Mandatory Service Bulletins werden von der European Aviation Safety Agency (EASA) und der zuständigen nationalen Behörde (Civil Aviation Authority, CAA) aufgegriffen und als sogenannte Airworthiness Directive (AD) veröffentlicht. In Deutschland ist das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) dafür verantwortlich; die AD heißen bei uns Lufttüchtigkeitsanweisungen (LTA) und werden in den sog. „Nachrichten für Luftfahrer“ (NfL) publiziert. Bei den NfL handelt es um eine Art Amtsblatt, das entweder bei der R. Eisenschmidt GmbH (einer 100%igen Tochter der DFS) kostenpflichtig abonniert oder kostenlos bei fragdenstaat eingesehen werden kann.

    Glücklicherweise unterhält das LBA auch eine Datenbank mit LTA, die sich nach Muster und Baureihe durchsuchen lässt.

    LTA-Übersicht

    Dennoch kann gerade bei vielgenutzten Typen schnell eine unübersichtliche Fülle an Informationen zusammen kommen. Gemäß Teil-M (M.A.305) und Teil-ML (ML.A.305) der Verordnung (EU) Nr. 1321/2014 sind Luftfahrzeughalter daher dazu verpflichtet, Übersichten zu erstellen, die der Aufrechterhaltung der Lufttüchtigkeit des Luftfahrzeuges dienen.

    Hierfür stellt das LBA im Abschnitt Technik > Fachthemen > Übersichten für die Lebenslaufakte von Luftfahrzeugen ein Muster bereit. Im Kopfbereich der Übersicht sind zunächst die Kennblätter für Flugzeug, Motor und Propeller zu benennen. Das LBA stellt hier eine Liste aller Kennblätter sortiert nach Gerätegattung zur Verfügung.

    Achtung: Gemäß Anhang II (b) des Teil-ML ist die eigenständige Durchführung von LTA im Wege der Pilot/Eigentümer-Instandhaltung nicht erlaubt. Sie ist den entsprechenden Fachbetrieben vorbehalten. Daher ist es für Pilot/Eigentümer auch nicht erforderlich oder zielführend, die Service Bulletins ihrer Hersteller kostenpflichtig selbst zu abonnieren – es sei denn, ihre Lektüre bedient eine intrinsische Freude an Konstruktionszeichnungen, was durchaus nachvollziehbar wäre.

    Übrigens gilt das Gesagte nicht nur für Flugzeuge selbst, sondern auch für bestimmte Bauteile (z.B. Motoren) und andere Geräte.

  • Umsatzsteuerpflicht für PPL-Ausbildung

    Der Bundesfinanzhof (BFH) hat entschieden, dass Flugunterricht, der dem Erwerb einer Privatpilotenlizenz (Private Pilot Licence) für Hobbyflieger dient, nicht von der Umsatzsteuer befreit ist (BFH, Urteil vom 13.11.2024 – XI R 31/22).

    Ein Luftsportverein, der auch PPL-Ausbildung anbot, zahlte beim Kauf eines für die Schulungsflüge genutzten Flugzeugs Umsatzsteuer an den Verkäufer und forderte diese anschließend als Vorsteuer vom Finanzamt zurück.

    Finanzamt und Finanzgericht (FG) vertraten jedoch die Auffassung, dass die vom Verein getrennt abgerechneten Gebühren für die Nutzung des Flugzeugs (ermäßigter Umsatzsteuersatz) und den umsatzsteuerfreien Unterricht eine einheitliche Leistung darstellten, die insgesamt als steuerbefreit anzusehen sei. Daher könne auch die auf den Unterricht entfallende Vorsteuer nicht erstattet werden.

    Der BFH bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, dass es sich bei Überlassung des Fliegers und der Ausbildung selbst um eine einheitliche Leistung handle.

    Er hob die Entscheidung dennoch auf und stellte klar, dass dem Luftsportverein grundsätzlich ein Vorsteuerabzug zusteht. Nach europäischen Vorgaben könne eine Steuerbefreiung für „Schul- und Hochschulunterricht“ oder „Aus- und Fortbildung“ nur unter strengen Voraussetzungen gewährt werden: Danach bedürfe es eines integrierten Systems der Kenntnisvermittlung sowie eines breiten und vielfältigen Spektrums von Stoffen. Flugunterricht erfülle diese Bedingungen nicht.

    Zielt der Unterricht auf den Erwerb einer Privatpilotenlizenz für Hobbyflieger ab, gilt er auch nicht als „Aus- und Fortbildung“ im steuerlichen Sinne. Selbst wenn die vermittelten Kenntnisse für berufliche Zwecke nützlich sein könnten, ist die Privatpilotenlizenz keine Voraussetzung für eine berufliche Ausbildung, beispielsweise zum Verkehrspiloten. Eine Steuerbefreiung könnte allenfalls für Unterricht in Betracht kommen, der gezielt auf den Erwerb einer Verkehrspilotenlizenz (Airline Transport Pilot Licence – ATPL) abzielt. 

    Der BFH hat es versäumt in seine Erwägungen einfließen zu lassen, dass die ATPL-Ausbildung sowohl modular als auch integriert stattfinden kann. Bei der modularen Ausbildung wird gerade doch zunächst die PPL erworben und sodann Rating für Rating, Lizenz für Lizenz, ergänzt.

  • Erfrischungen nach Art. 9 FluggastrechteVO: Auch Alkohol

    Wenn eine Airline bei größeren Flugverspätungen oder Annullierungen ihrer Verpflichtung zur Verpflegung nicht nachkommt, muss sie den Passagieren unter anderem auch Ausgaben für „Erfrischungen“ erstatten. Laut Landgericht Düsseldorf gehören dazu auch alkoholische Getränke.

    Im Falle von erheblichen Verspätungen oder Flugausfällen haben Passagiere nach Artikel 9 Absatz 1 lit. a) der Fluggastrechteverordnung Anspruch auf „Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit“. In einem konkreten Fall, in dem zwei Passagiere erst am nächsten Tag statt wie geplant mit einem anderen Flug ihr Ziel erreichten, stellte die Airline ihnen keine Verpflegung zur Verfügung. Die Passagiere nahmen daraufhin selbstständig ein Abendessen in einem Restaurant ein, bei dem sie Wein und Bier konsumierten.

    Das Amtsgericht Düsseldorf hatte die Mahlzeit anerkannt, jedoch die Kosten für die alkoholischen Getränke nicht für erstattungsfähig gehalten. Das Landgericht Düsseldorf entschied jedoch in einem Hinweisbeschluss anders (Beschluss vom 07.11.2024 – 22 S 175/24). Die Verordnung spreche von „Erfrischungen“ („refreshments“ in der englischen Fassung), sodass alkoholische Getränke nicht ausgeschlossen seien. Die Regelung unterscheide nicht zwischen Erfrischungen, die Grundbedürfnisse decken, und solchen, die dem Genuss dienen. Das LG Düsseldorf wies zudem darauf hin, dass auch Gutscheine, die Passagiere häufig von Airlines erhalten, in Lounges für beliebige Leistungen eingelöst werden können.

  • Fluggastrechte: Entschädigung bei Chaos am Schalter

    Trifft ein Flugreisender pünktlich zum Abflug am Flughafen ein, kann dann aber wegen Chaos am Schalter nicht einchecken und mitfliegen, hat er gegen das Luftfahrtunternehmen gemäß Fluggastrechte-VO Anspruch auf Entschädigung wegen Nichtbeförderung. Das hat das Amtsgericht Frankfurt am Main am 25. Oktober 2024 entschieden (Az. 29 C 4052/22).

    In dem Fall hatte der Fluggast ein Flugticket von Berlin nach Madrid mit Priority Boarding für 978,03 Euro gekauft. Am Abflugtag stellte er sich um 10:10 Uhr in die Priority-Lane am Check-in-Schalter des Berliner Flughafens, obwohl der Flug um 11:40 Uhr geplant war. Laut den Bedingungen der Fluggesellschaft hätte der Check-in bis 45 Minuten vor Abflug möglich sein sollen.

    Doch trotz seines frühen Erscheinen musste der Passagier eine Warteschlange von etwa 10 bis 15 Personen abwarten, ohne dass ein Mitarbeiter für die Abfertigung sichtbar war. Das Verfahren zog sich hin, ohne dass er abgefertigt wurde. Um 10:55 Uhr, 45 Minuten vor Abflug, änderte die Anzeige am Schalter und zeigte plötzlich an, dass nun ein Finnair-Flug abgefertigt werde. Gleichzeitig sprang die Anzeige auf dem Terminalbildschirm von „Check-in“ auf „Boarding“ um.

    Als der Fluggast an einem Informationsschalter nachfragte, erfuhr er, dass die Anzeige versehentlich auf den Finnair-Flug umgeschaltet worden war. Dies half ihm jedoch wenig, da der Check-in aufgrund der fortgeschrittenen Zeit verweigert wurde. Der Mann verlangte daher eine Erstattung des Ticketpreises und eine Entschädigung von 400 Euro wegen der verwehrten Beförderung.

    Das Flugunternehmen weigerte sich zunächst, die Entschädigung zu zahlen. Doch das Amtsgericht Frankfurt am Main entschied zugunsten des Fluggastes. Es erließ ein Versäumnisurteil gegen die Airline und bestätigte dies auch nach einem Einspruch. Der Passagier erhielt sowohl den Ticketpreis zurück als auch die Entschädigung von 400 Euro.

    Der Mann war 1,5 Stunden vor Abflug am Check-in-Schalter erschienen, was als rechtzeitig galt. Das Gericht stellte fest, dass das Flugunternehmen den Passagier in seiner Möglichkeit, einzuchecken und den Sicherheitsbereich zu betreten, behindert hatte. Daher sei die Nichtbeförderung gemäß der Fluggastrechte-Verordnung gegeben, was dem Passagier die geforderten Ansprüche zusprach.